Guntram´s Tetra-Thread

  • Hallo Forum,


    auf Anregung von Kurt Schreckling habe ich einen Fred zum Thema Tetra-Schiefspiegler aufgemacht.


    Seit Jahren faszinieren mich diese Systeme.
    Letzten Sommer habe ich die Optik für einen 350mm f/12.2 fertiggestellt. Der Bau von Montierung und Tubus wird aber noch einige Zeit dauern. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ein so großer Schiefspiegler den Aufwand wirklich wert ist.


    Deshalb habe ich unter Verwendung von schon vorhandener Optik ein 150mm Demonstrationsmodell zusammengeschustert. Dass dabei die Feldkorrektur leiden musste, war klar. Auch die Schnittweite, neudeutsch Back Focus genannt, ist nicht gerade überwältigend.
    Aber ich wollte für ein Versuchsinsrument einfach keine neuen Spiegel fabrizieren.


    Dafür gelang, was ich eigentlich wollte: Die Korrektur der Bildfeldneigung.
    Sie beträgt bei den üblichen Schiefspieglerentwürfen etwa zwischen 4 und 9 Grad. Gerade bei den lichtstärkeren Systemen (f/15 und darunter) macht sich diese Feldneigung bemerkbar. In den anastigmatischen Schiefspieglern mit f/23 und darüber ist die Schräglage des Bildfeldes praktisch vernachlässigbar.


    Der Erfinder der Tetra-Schiefspiegler, Michael Brunn, entdeckte, dass es möglich ist, diese Bildfeldneigung zu korrigieren, wenn der 4. Spiegel sphärisch konkav ausgeführt wird.



    <font color="green">Edit: Zu kleine Grafiken wurden entfernt, um die Lesbarkeit zu verbessern. Guntram</font id="green">



    Während des Zusammenbaues:




    Eine Innenansicht:



    Das Instrument liefert knallscharfe Bilder mit hohem Kontrast. Lediglich am Feldrand machen sich die Kompromisse, die ich beim Entwurf eingehen musste, etwas bemerkbar.
    Eine Neigung des Bildfeldes ist nicht wahrnehmbar.


    Zur Zeit arbeite ich an einem 200mm Modell mit erheblich verbesserter Feldkorrektur und ebenfalls erheblich verlängerter Schnittweite, sodass ein Binokularansatz etc problemlos angeschlossen werden kann.
    Dieses Instrument soll während seiner Entstehung laufend vorgestellt werden. Jetzt ist der 4. Spiegel, den ich aus einem Stück Fensterglas von 8mm Dicke fabriziert habe, fertig. Ich warte noch auf Glas & Pech von Stathis und Alois!


    Guntram

  • Hallo Guntram,


    da ich mit meinen Überlegungen zu einem größeren als 6"- Schiefspiegler noch nicht fertig bin kommt mir Dein Beitag gerade recht. Zur Erleichterung der Diskussion wäre es sehr hilfreich, wenn Du bitte die Grafiken eine Nummer größer einstellen könntest. Vielen Dank im Voraus.


    Gruß Kurt

  • hallo guntram!


    ich kann bei den spots bildfeld und bildfelddurchmesser ned genau identifizieren - oder ich bin zu blöd, die diagramme von dem programm zu entziffern...


    lg
    wolfi

  • Hallo Wolfi, Kurt, liebe Mitleser,


    Ich hoffe, die neuen Grafiken funktionieren besser.


    Warum die Feldneigung korrigieren?
    Bei visueller Beobachtung kann ein Großteil der Neigung durch die Akkomodation des Auges ausgeglichen werden. Dies funktioniert ganz gut mit jungen Augen, aber je älter man wird, desto offensichtlicher wird diese Eigenart von Teleskopen mit geneigten Elementen. Zu dieser Instrumentengruppe gehören Schiefspiegler und Yolos. Auch Yolos haben, wenn auch weniger stark ausgeprägt, geneigte Bildfelder.


    Die Feldneigung macht sich umso stärker bemerkbar, je grösser die Felder werden, die man visuell oder fotografisch beobachtet, und je "schneller" das verwendete Design ist.


    Hier zunächst eine Gegenüberstellung von Spotdiagrammen für das ursprüngliche System. Die Geschichte zu diesem Gerät gibt es hier:
    http://bhs.broo.k12.wv.us/home…evick/lampert/lampert.htm



    Oben die standardmässige Darstellung in Winspot, gerechnet für ein geneigtes Bildfeld von 0,5 Grad Durchmesser. Der schwarze Kreis zeigt den Durchmesser der Airy disk für gelbes Licht. Die Abbildung ist tadellos.
    Unten: Dasselbe System für ein NICHT geneigtes Bildfeld. Im Okular schaut das bei weitem nicht so dramatisch aus. Aber die Tendenz war klar erkennbar.


    Systemlayout: Hier die Daten für die gebauten Teleskope. Oben wieder das ursprüngliche System, unten das modifizierte.
    Winspot verwendet folgenden Farbcode: Blau = konkave Fläche, Rot = Konvex, Grün = Plan



    Vergleich der Spotdiagramme des ursprünglichen Systems mit dem modifizierten:





    Ein ganz kleiner Wermutstropfen ist, dass die Behebung der Feldneigung zu einer Erhöhung der anamorphen Verzeichnung führt. Diese ist beim hier vorgestellten System relativ hoch und beträgt etwa 2,2%.
    Beim später noch vorzustellenden Nachfolger liegt sie bei etwa 1,5% und ist bei beiden Systemen nicht wahrnehmbar. Praktisch alle Okulare verzeichnen VIEL stärker.


    Zur praktischen Ausführung ist zu sagen, dass sowohl die 150mm Modelle, als auch der 200er mit rein sphärischen Spiegeln ausgeführt werden können.
    Auch dazu ein Bild:



    Der schwarze Kreis stellt wiederum die Airy Disk dar. Das obere Spotdiagramm zeigt die Bildqualität in der Bildmitte wenn die sphärische Aberration komplett korrigiert ist. Dies erfordert nur 60% der für die Parabolisierung nötigen Deformation des Hauptspiegels.


    Wenn die Asphärisierung des Hauptspiegels, der auch die Eintrittspupille des Systems ist, unterbleibt, also NUR KUGELSPIEGEL verwendet werden, "verschlechtert" sich der axiale Spot wie im unteren Diagramm gezeigt. Damit kann ich gut leben.


    Der 2. und 3. Spiegel haben gegengleiche Radien, was die Herstellung der Optik weiter vereinfacht.
    Der konvexe 2. Spiegel wird mittels Interferenztest gegen den 3. Spiegel als Passglas getestet. Somit muss keine weitere Referenzfläche hergestellt werden.


    Fragen, Kommentare, Kritik: Willkommen!


    Guntram

  • Hallo,


    nun, wie versprochen, zu dem System, an dem ich gerade arbeite.


    Die Öffnung beträgt 203mm, das Öffnungsverhältnis ist f/12,1.
    Die Spots zeigen ein etwa beugungsbegrenzetes, völlig ebenes, unvignettiertes Bildfeld für 0,6° Durchmesser. Das sollte reichen.



    Ich beabsichtige, für das Gerät nur Kugelflächen zu verwenden.


    Auf dem nächsten Bild ist die Verschlechterung der Bildqualität durch diese Vereinfachung dokumentiert.



    Die Einblickrichtung in das Instrument weicht um gut 60 Grad von der Sichtlinie ab. Für die allermeisten Objekte ist deshalb kein extra Zenitspiegel erforderlich.


    Die optische Baulänge halte ich mit 103cm für erträglich.
    Durch einfache Blenden kann Streulicht völlig abgehalten werden. Selbst gegen den hellen Taghimmel habe ich mit dem kleineren Demogerät noch nie merkliches Streulicht gesehen. Um die Eintrittspupille nichts als Schwarz.


    Die Schnittweite wurde soweit verlängert, dass alles Zubehör (inkl. kleines Baader-Bino) verwendbar sein sollte.
    Durch die vier Reflexionen ergibt sich die klassische astronomische Bildorientierung: Kopfstehend und seitenrichtig.


    Der sicherlich vielen Amateuren bekannte Wolfgang Busch unterstützte mich grosszügig bei der Beschaffung eines optischen Fensters für dieses Teleskop. Ich möchte ihm, und Walter Stephani, an dieser Stelle nochmals und ausdrücklich für ihre Hilfe für dieses Projekt danken!


    Als nächstes sind der konkave Tertiärspiegel und der konvexe Sekundärspiegel dran.


    Stay tuned!


    Guntram

  • Hallo Forum,


    hier nun Teil 3.


    Ich möchte hier nun einige Bilder von der Fertigung der Optik für meinen großen Tetra-Schiefspiegler von 355mm Öffnung und 4400mm Brennweite zeigen.




    Das war die Glaslieferung von Stathis...





    Alois half mir, den 230mm Sekundärspiegel gut hinzukriegen. Danke nochmals, Alois!
    Dieses Foto wurde im Licht der gelben Natriumlinie aufgenommen.





    Der Interferenzest gegen den Tertiärspiegel. Der Astigmatismus stammt vom Tertiärspiegel und kann im fertigen Instrument ausjustiert werden.



    Der Ronchitest des fertigen, sphärischen Hauptspiegels. Das Ronchigramm sieht furchtbar aus, aber ich musste aus Platzgründen die Kamera bei maximaler Empfindlichkeit von Hand halten und das Bild sehr vergrößern.


    Guntram

  • Hallo,


    der Tertiärspiegel ist fertig, und mit dem konvexen Sekundärspiegel konnte ich schon den ersten Interferenztest durchführen.
    Die Platten sind 130er Borofloat-Scheiben von Stathis.





    Die Oberflächen sind relativ konkav, d.h. berühren sich am Rand. Die Krümmung des Konvexspiegels muss vergrößert werden.


    Guntram

  • Der Sekundärspiegel ist nun fertig (oder besser: Für fertig erklärt)...



    Der Luftkeil wird von unten nach oben dicker.


    Zwei Dinge seien angemerkt.


    Der Astigmatismus, den man im Interferogramm sehen kann, stammt vom Konkavspiegel, der als Referenz dient.
    Ich war verblüfft, dass die 130/15mm Scheibe so deutlich Astigmatismus zeigt.
    Ich habe am künstlichen Stern kontrolliert, konnte aber selbst mit dem 9mm Okular (R= 5400mm) keinen Asti feststellen. ???



    Der Randdefekt ist ebenfalls auf dem Konkavspiegel zuhause. Das sieht man auf dem folgenden Bild. Hier wurde der Sekundärspiegel in den Referenzspiegel hineingeschoben, d.h. der Rand wird vom Sekundärspiegel gebildet. Die Interferenzstreifen sind bis an den Rand schön gerade.
    Der Randdefekt spielt beim Tertiärspiegel keine Rolle, weil von den 130mm Durchmesser maximal etwa 100 - 110mm genutzt werden



    So, jetzt bleibt noch der Hauptspiegel...


    Guntram

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